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Was ist forensische Psychiatrie?

Die forensische Psychiatrie umfasst zwei Teilgebiete bzw. Abteilungen. Im einen geht es um die Erstellung psychiatrischer Gutachten und im anderen insbesondere um psychiatrische Therapien für Gefängnisinsassen.

Gefängnisse sind naturgemäss Orte, wo die psychische Gesundheit störungsanfälliger ist. Die Fachpersonen der forensischen Psychiatrie gewährleisten die psychiatrische Versorgung im Freiheitsentzug.

Das Team der forensischen Psychiatrie war vorher in einem Gebäude am Boulevard de Pérolles untergebracht. Seit November 2020 befindet es sich im Zentrum für integrierte psychiatrische Versorgung des FNPG Freiburg. Ein Vorteil für die Synergien, die dort möglich sind, und ein Vorteil auch für das Arbeitsklima in diesem Team, das in einem schwierigen Umfeld tätig ist.

Die forensische Psychiatrie ist ein Spezialgebiet der Psychiatrie an der Schnittstelle zwischen Psychiatrie und Recht, so Dr. Rigobert Hervais Kamdem, Leitender Arzt des Zentrums für forensische Psychiatrie des FNPG. Es handelt sich um eine ziemlich neue Disziplin, die nur etwa drei Jahrzehnte alt ist. In Freiburg wurde das Zentrum im Juni 2012 ins Leben gerufen und im Februar 2013 offiziell eröffnet, so Dr. Kamdem weiter.

Das Zentrum umfasst zwei Abteilungen: zum einen die Abteilung für Begutachtung, die unter der Leitung von Dr. Kamdem für die Straf- und Ziviljustiz und die Versicherungen Gutachten erstellt. Die Gutachten betreffen in erster Linie die Frage, ob bei jemandem eine psychische Störung vorliegt, ob jemand strafrechtlich schuldfähig ist, strafrechtlich rückfällig werden könnte und ob eine eventuelle Behandlung bei jemandem die Rückfallgefahr reduzieren könnte.

Das Team erstellt im Durchschnitt rund 100 psychiatrische Gutachten pro Jahr.

Die andere Abteilung des Zentrums ist die Abteilung für Therapien, die sich um die psychiatrische Versorgung der rund 90 Insassen des Zentralgefängnisses in Freiburg und der rund 200 Insassen des Standorts Bellechasse in Sugiez kümmert. Die Abteilung für Therapien erbringt auch behördlich angeordnete ambulante Leistungen ausserhalb der Gefängnismauern.

Die Arbeit ist ziemlich intensiv: Das Team ist fast täglich in Bellechasse tätig und zweimal wöchentlich im Zentralgefängnis. Zwischen 2015 und 2020 hat sich die Zahl der jährlich erbrachten forensisch-psychiatrischen Konsultationen verdoppelt, indem sie von über 1000 auf fast 2200 anstieg. Die Zahl der Gutachten beträgt dagegen durchschnittlich 90–100 pro Jahr. Das Team umfasst gegenwärtig zwölf Mitarbeitende für 8,2 Vollzeitäquivalente (VZÄ) und wird bis Ende des Jahres auf vierzehn Mitarbeitende (10 VZÄ) anwachsen.

Die psychischen Störungen, denen das Team in den Gefängnissen am häufigsten begegnet, sind Persönlichkeits-, Abhängigkeits- und psychotische Störungen. Dazu kämen noch Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, so Dr. Kamdem. Auch seien Suizidgedanken ein Problem. Diese kämen in Untersuchungshaftanstalten wie dem Zentralgefängnis jedoch öfter vor als in Strafvollzugsanstalten. Diese Problematik hänge mit Anpassungsstörungen zusammen, indem kürzlich Verhaftete eine ängstlich-depressive Reaktion entwickeln könnten. Dies sei oft eine heikle Phase, in der Suizidgedanken entstehen könnten.

TEXT Kessava Packiry
FOTO Nicolas Repond

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